Monika Siebmanns - Ton/Eisen Skulpturen

Archaische Spuren, Galerie der KVD

Dr. Norbert Göttler Zur Ausstellung „Archaische Spuren“ von Monika Siebmanns und Jürgen Meyer KVD-Galerie Dachau, September 2012

Meine Damen und Herren,

unsere beiden Künstler haben ihre Ausstellung „Archaische Spuren“ genannt. Wie wir aus Begriffen wir „Archäologie“ oder „Archäopterix“ wissen, bedeutet das griechische Wort „arché“ zunächst nichts anderes als „alt, altertümlich“. Und tatsächlich erzeugen auch die Kunstwerke von Monika Siebmanns und Jürgen Meyer unwillkürlich die Anmutung des Urzeitlichen, der fernen und vorzeitlichen Welt.
Die Stelen von Monika Siebmanns wirken wie prähistorische Wegmarken, ihre Oberflächen wie vorzeitliche Ornamente. Sie zeugen davon, dass die Künstlerin unter anderem die 10.000 Jahre alten Felszeichnungen von Val Camonica bei Brescia studiert und ihre Originalabgüsse teilweise in ihre Arbeiten eingebaut hat. Auch die Zeichnungen von Jürgen Meyer erscheinen als Höhenmalereien, als archaische Zeichen des Zerfalls, des Fragilen, des Geheimnishaften, des aus fernen Zeiten und Welten auf uns Zukommenden.
Vielleicht kommt die archaische Anmutung auch von den verwendeten Materialien, die ja die urtümlichen Elemente der Menschheit an sich sind: Erde, Lehm, Feuer, Erz. Dem grauen Eisen und der roten Keramik spürt man förmlich den Entstehungsprozess bei fast 1200 Grad an. Das Papier ist zwar neuzeitlicher, aber bei Meyer erscheit es ungeheuer haptisch, pergamenten, rau. Zum Teil ist es selbst geschöpft und von seinen menschlichen Händen geschaffen. Beide Künstler verbindet zudem eine altes Handwerksmittel der Menschheit: Eisenchlorid. Dieser Stoff schafft wunderbares Rostrot und Gelb, es hat Eigendynamik, es arbeitet selbst weiter und schafft Überraschungen! Eisenchlorid strahlt mitteilende Leuchtkraft aus, aber auch die Symbolik des Zerfalls, des Verrinnens, der ständigen Metamorphose des Lebens.
Soweit die materielle Dimension dieser kleinen archaische Spurensuche. Sie allein aber wäre zu kurz gegriffen. Der Begriff „arché“ bedeutet nämlich auch „tief, tiefgreifend“. Also fundamental im Sinn existentieller Menschheitserfahrung. C.G. Jung hat den Begriff der „Archetypen“ geschaffen, also jener Bilder, die die Träume, Märchen und Mythen der Menschheit seit Jahrtausenden füllen. In diesem Sinn wollen unsere beiden Künstler mit ihren Werken vielleicht eine „Archäologie der Seele“ betreiben. Beide wollen Verschüttetes aufdecken, Assoziationen schaffen, zum Phantasieren anregen. Im Sinne von Kandinsky, der gesagt hat, er wolle „geheimnisvolle Zeichen für eine geheimnisvolle Welt“ schaffen.
Monika Siebmanns und Jürgen Meyer verdichten in ihren Werken Erfahrenes auf das Wesentliche. Sie stellen existentielle, philosophische Fragen der Menschheit: Wie gehe ich mit der Bedrohlichkeit und Geheimnishaftigkeit der Welt um? Was bleibt von mir? Wer bin ich als Individuum? Wer als „Zoón politicon“, als soziales Wesen? Bild- und Skulpturentitel wie „Schatten“, „Aus dem Schatten treten“, „Aufstieg“, „Abstieg“, „Fragil“ oder „Warten auf Godot“ deuten darauf hin.
Schließlich noch eine dritte Dimension der archaischen Spurensuche. Auch die Arche Noah ist ja ein Produkt des griechischen Wortes „arché“. Tiefenpychologisch wird die Arche heute als Schutzraum der Seele auf dem unendlichen, bewegten Meer des Unbewussten gedeutet. Vielleicht hat heute, nach dem Zusammenbruch vieler institutionalisierter Sinndeutungssysteme, die Kunst die Funktion einer Arche übernommen? Vielleicht ist sie für den modernen Menschen ein schaukelnder und stets bedrohter, aber doch schwimmender Schutzraum der Seele?
Monika Siebmanns und Jürgen Meyer kommt das Verdienst zu, mit ihren Werken Wegmarkierungen für die Reise in die Tiefen der menschlichen Seele, aber auch Hoffnungsmarken für die ihre Zukunftsfähigkeit gesetzt zu haben.


Schatten
(Ton / Eisen)


Fisch
(Ton / Eisen)


Valcamonica
(Ton)


Oben
(Ton / Eisen)

 

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